7 gute Gründe für ein Transformationszentrum am THF
Die Berliner:innen lieben ihr Feld. Sie nutzen es für Erholung, Sport und Hobbys. Es ist einer der wichtigsten Orte für Begegnung und Regeneration. Und einer, der zum Standort für den Wandel werden kann. Ganz unkompliziert ist das nicht: Das Feld ist kampfmittelbelastet und kerosinverseucht – Lebensmittelanbau ist nur in Hochbeeten möglich. Das Gebäude nutzbar zu machen ist ebenfalls aufwändig: Es ist nie ganz fertig gestellt worden, die über 7260 Räume stehen zum allergrößten Teil leer. Selbst die nötigste Sanierung wurde aufgeschoben oder verschleppt. Was erledigt werden konnte, kam teurer als erwartet. Das wissen wir. Und dennoch: Es gibt sehr gute Gründe, um genau hier Deutschlands erstes Transformationszentrum für alle einzurichten:
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THF loves Zivilgesellschaft
Das Feld ist nur deshalb unbebaut und damit frei für die Utopie von unten, weil die Berliner Stadtgesellschaft es so will: Zivilgesellschaftliche Initiativen wie 100% THF haben mit hunderten Freiwilligen eine beeindruckende Bewegung geschaffen. Ihr Erfolg veränderte die Stadt. 2014 sprach sich die Mehrheit der Berliner:innen in einem Volksentscheid dafür aus, dass das Tempelhofer Feld ein Gemeingut bleibt. Spätestens seitdem weiß Berlin, was Demokratie wirklich heißt: dass wir entscheiden. An diese wunderbare Episode knüpfen wir an.
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Wir wissen heute mehr
Damals wurde von 100% THF bewusst darauf verzichtet, ein Nutzungskonzept vorzulegen. Denn das sollte in partizipativen und transparenten Prozessen gemeinsam mit der aktiven Stadtgesellschaft entwickelt werden (s. dazu: Entwicklungs- und Pflegeplan). Sieben Jahre später. Die Klimakrise ist im Bewusstsein und im Landschaftsbild angekommen. Stadtbäume vertrocknen, müssen gegossen werden. Landwirt:innen in Brandenburg kämpfen gegen die Verödung. Der Harz und viele andere Regionen verlieren ihre einmaligen Wälder an den Borkenkäfer. Zeit, dass wir unser Zusammenleben, unser Arbeiten und Wirtschaften dieser Veränderung anpassen.
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Wir lernen aus der Geschichte
Die Geschichte des Flughafens Tempelhof prägte schon früher das Schicksal der Berliner:innen. An diesem Ort wurden in den 1930er und 1940er Jahren Menschen zu Zwangsarbeit gezwungen. Direkt nebenan waren politisch Verfolgte und Homosexuelle im KZ und Gestapo-Gefängnis Columbiahaus unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert. Während der Blockade nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier die Versorgung der Stadtbevölkerung ermöglicht. Heute gehen wir einen Schritt weiter: Wir lernen an diesem bedeutsamen Ort, uns selbst zu versorgen. Und wir nehmen die Lehren der Vergangenheit mit in die Zukunft. Nie wieder sollen Ideologien der Ungleichheit unser Zusammenleben vergiften. Wir setzen uns dafür ein, dass das Transformationszentrum ein Ort für alle Menschen ist.
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Wir arbeiten mit dem, was wir haben
Die Klimakrise zeigt in drastischer Weise die Notwendigkeit des Umdenkens: Ein begrenztes CO2-Budget, Überlastung von ökologischen und sozialen Systemen, planetare Grenzen. Wir lernen daraus, dass wir keinen neuen Raum beanspruchen können, um Neues zu schaffen. Es muss auf dem Bestehenden aufgebaut werden, es muss Zerstörung ausgleichen und Leben an vernachlässigte Orte zurückbringen. Das Tempelhofer Feld und vor allem das Flughafengebäude sind ein Ort, an dem dies geschehen muss: Es gilt, Kampfmittel- und Kerosinverseuchung zu beseitigen. Die Sanierung der Gebäude mit Techniken der nachhaltigen Architektur zu realisieren. Feld und Gebäude werden zu dem Ort, der beweist, dass ein sozial-ökologischer Umbau möglich ist. Und unsere Lebensqualität sogar erhöht.
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Wir brauchen Landwirtschaft in der Stadt
Detroit hat es vorgemacht, Albi, Paris und Amsterdam ziehen nach: sozial-ökologische Transformation ist möglich, wenn wir die Grenzen zwischen urbanem und ländlichem Raum verschwimmen lassen. Es ist wichtig, dass Nahrungsmittelproduktion auch in den Städten umgesetzt wird. Nur mit regionalen Versorgungskreisläufen werden wir unabhängig. Mit seiner enormen Fläche bietet der Außenring des Tempelhofer Feldes genug Platz, um dies zu erproben. Natürlich reicht die Fläche nicht, um ganz Berlin zu versorgen. Unser Schwerpunkt liegt auf Bildung und Ausbildung, die auch eine Hofgründung im Umland erleichtert. Ein solcher Plan ist nur ganzheitlich zu entwickeln und indem die Bevölkerung Brandenburgs einbezogen wird.
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Berlin, wir lieben dir
Der Fernsehturm ist ein Wahrzeichen Berlins. Aber auch das einer historischen Epoche, die zu Ende geht. Hohe Gebäude als Symbole für imposante technologische Errungenschaften passen schon lange nicht mehr zum praktischen und unaufgeregten Fortschrittsdenken der Berliner:innen.
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Überall und besonders hier ist der beste Platz
Aus unserer Sicht braucht jede Region ein solches Transformationszentrum, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen. Auch ländliche Regionen stehen vor tiefgreifenden strukturellen Veränderungen. Berlin als Metropolregion ist besonders anfällig für Versorgungsengpässe und Massenarbeitslosigkeit. Aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheit hat die Hauptstadt die Verantwortung und die Chance, Transformation anzustoßen.